MiB-Projekt "Borbecksch Platt"
Das Presse-Echo
Collage der Zeitungsberichte vor dem Pfarrfest am 17. bis 19.08.2007
Presse-Echo auf das Projekt "Borbecksch Platt" von "Mitten-in-Borbeck"
WAZ vom Dienstag, 21.08.2007 - Stadtteilzeitung Borbeck:
Platt ist Pionierarbeit
Mitglieder der Gruppe "Mitten-in-Borbeck" befassten sich drei Jahre lang mit der Geschichte des Borbecker Platt. Die lange Tradition und Einzigartigkeit der Mundart wollen sie für spätere Generationen bewahren
Borbeck. "Unsere CD ist eine Art Flaschenpost für die nächste Generation", stellt Markus Blensekemper fest. "Es ist ja auch ein Stück Heimat." Mit seinen Freunden der Gruppe "Mitten-in-Borbeck" (MiB) hat er das Borbecker Platt quasi wiederentdeckt. Mit Hilfe von "Ursprachlern" Hilde Martens, Johannes Saxe und Walter Wimmer erarbeitete sich die Gruppe Geschichte und Aussprache der Mundart. Entstanden ist dabei eine CD mit dem Titel "Heeme, wat häw ick di liew" und ein ausführliches Booklet.
"Sicherlich fragen sich viele, wie junge Leute dazu kommen, sich ausgerechnet mit Platt zu befassen", sagt Christian Hoffmann und schmunzelt. Im Grunde sei diese Frage einfach zu beantworten. "Wir sind alle Borbecker und interessieren uns für die Geschichte." Es sei eine Art Lokalpatriotismus - Heimatverbundenheit.
So wurden die Mitglieder von Mitten-in-Borbeck auf Gedichte und Geschichten auf Platt in den Borbecker Nachrichten aufmerksam. "Wir sprachen mit Herrn Wimmer und er vermittelte uns an Herrn Johannes Saxe", erklärt Herr Hoffmann. Durch diese Verbindung erhielten sie Zugriff auf einen großen Fundus. Außerdem fanden sie in Herrn Saxe einen Lehrer.
"Zuerst hat Herr Saxe die Texte vorgelesen und wir haben zugehört", erläutert Markus Blensekemper. Anschließend übten sich die Freunde im Nachsprechen. "Das Sprechen war gar nicht so einfach - Herr Saxe musste uns oft korrigieren." So drückten die 23 Borbecker noch einmal die Schulbank, um sich Borbecksch Platt anzueignen. "Lernen in dem Sinne können wir es nicht mehr", gibt Herr Blensekemper zu Bedenken. "Wir können es nur reproduzieren." Die Schwierigkeit bestehe darin, dass es kein einheitliches Schrift- oder Lautbild gibt. "Wir können nur etwas von den Leuten erfahren, die es noch sprechen."
"Dies ist die erste eins zu eins Übersetzung ins Hochdeutsche von mehreren Generationen", sagt Christian Hoffmann stolz. Dabei haben die Leute von Mitten-in-Borbeck eine Menge über das "alte" Borbeck erfahren.
"Unsere Ursprachler haben jede Menge Anekdoten rings um die Geschichten erzählt - das war sehr interessant." Alle fänden es sehr schade, dass eine Sprache, die sehr lange Zeit gesprochen wurde, einfach verschwindet. "Um wenigstens die Grundlagen am Leben zu erhalten, haben wir dieses Projekt ins Leben gerufen", betont Herr Hoffmann.
"Wir hätten nicht gedacht, dass es so viele positive Reaktionen gibt", gibt Markus Blensekemper zu. Bei der Vorstellung der CD meldete sich ein 97-jähriger Mann, der noch Essener Platt spricht. "Es ist schon erstaunlich, dass hier zwei Mundarten nebeneinander existieren, die sich sehr stark unterscheiden", sagt Herr Hoffmann.
"Mittlerweile sind einige Redewendungen in unseren Wortschatz übergegangen", hebt Markus Blensekemper hervor. "Borbecksch Platt ist eine derbe, aber sehr herzliche Sprache." In Eigeninitiative nahmen Mitglieder die Sprecherstimmen auf und gestalteten das Booklet. "Nur das Drucken und Binden ließen wir vom Fachmann machen."
Für die Zukunft gebe es noch keine konkrten Pläne. "Wir überlegen, Texte zu sammeln und zu archivieren", verrät Christian Hoffmann. Im Antiquariat gebe es Texte von Hermann Hagedorn, die sie kaufen wollen.
Ein Stück Heimat
Die vorgelesenen Texte auf der CD stammen von Elisabeth Holte, Hermann Hagedorn und Willi Schlüter. Die Übersetzungen dazu finden sich im Booklet. Die malerische Gestaltung übernahm Benedikt Heinemann von Mitten-in-Borbeck. Erhältlich ist de CD für 12 EUR in den Pfarrbüros St. Dionysius und St. Josef, sowie in der Stadtteilbibliothek. Mit dem Erlös wollen sie ein weiteres heimatverbundenes Projekt finanzieren.
Borbecker Nachrichten vom 23. August 2007
[...]
Wie ein Paar aus der Jahrhundertwende hatten sich Johannes Saxe und Hilde Martens aufgemacht, um so Werbung zu machen für die CD "Borbecksch Platt", die unter anderem von den beiden Ur-Frintropern so wunderbar besprochen wurde. Die CD der Gruppe "Mitten in Borbeck", die die Borbecker Mundart vor dem Vergessen bewahren will, gibt es auch in der Geschäftsstelle der Borbecker Nachrichten zu kaufen.
Borbecker Nachrichten vom 16. August 2007
Zauberhafte Silberscheibe
Borbecksch Platt hört sich gut an
Wer hätte gedacht, dass man in eine hauchdünne Silberscheibe von nicht mehr als zwölf Zentimeter Durchmesser so unglaublich viel hineinpacken kann? Tausende und Abertausende von Kalorien an Herzenswärme und Hörfreude haben sich hier auf engstem Raum zusammengekuschelt. Und nun warten sie darauf, wie ungeduldige Brieftauben im Schlag, hinausgelassen zu werden, um ihre guten Neuigkeiten unter die Leute zu bringen.
Vor uns liegt eine der ersten CDs, die am Montag Abend in der Alten Cuesterey vorgestellt wurde. Wer Freude an der niederdeutschen Sprache hat, insbesondere am Borbecker Platt, wird begeistert sin. Ebenso alle diejenigen, die Interesse verspüren, die heimatliche Mundart näher kennen zu lernen.
Der Freundes- und Arbeitskreis junger Erwachsener, der den Namen "Mitten in Borbeck" führt, hat fleißig und mit Begeisterung dieses in Zentimetern kleine, an Bedeutung große Werk geschaffen.
Die CD trägt den Titel "Heeme! Wat häw ick die leiw" und ist für zwölf Euro u. a. bei den Pfarrfesten in Borbeck und Frintrop, in den Pfarrbüros St. Dionysius und St. Josef zu haben.
Zu hören sind auf der CD 19 Gedichte und kurze Erzählungen von Elisabeth Holte, Hermann Hagedorn und Willi Schlüter. Die Texte werden vorgetragen von den Mitten-in-Borbeck-Mitgliedern Markus Blensekemper, Thorsten Kontny, Anja Wedemeyer, Christian Wedemeyer, Andreas Stölker, Christian Hoffmann, Andreas Bardeck, Tim Lauerer und Tina Lauerer und den Beratern Hilde Martens, Johannes Saxe und Walter Wimmer.
Im Anhang kommen Elly Hagedorn und Willi Schlüter mit Gedichten von Hermann Hagedorn (u. a. Jorinde und Jorengel) zu Wort.
Dank an Hilde Martens und Johannes Saxe.
Zu besonderem Dank fühlen sich die jungen Leute von "Mitten in Borbeck" Hilde Martens und Johannes Saxe verpflichtet, die ihnen vorzüglichen Sprech- und Sprachunterricht erteilten. Johannes Saxe übersetzte zudem fast sämtliche niederdeutschen Texte ins Hochdeutsche. Keine leichte Aufgabe, die er hervorragend meisterte.
Herzlich dankbar sind die Herausgeber auch Benedikt Heinemann, der den Spaziergang durch das plattdeutsche Borbeck gut gelaunt mit dem Zeichenstift begleitete.
Für die schönste Überraschung des Abends sorgte Hilde Martens in der Rolle einer jungen Dame um 1900 und - wie ein Stern aus heiterem Himmel - der in Borbeck bestbekannte Heinrich Homann, der aus dem Gedächtnis zwei köstliche Vertellkes von Wilhem Täpper rezitierte. Heinrich Homann lieferte den besten Beweis, dass man mit Platt uralt werden und dabei jung und munter bleiben kann. Homann ist immerhin stolze 97 Jahre alt.
Der Abend in der Alten Cuesterey des heimatgeschichtlichen Vereins war ein Erlebnis. Die zauberhafte Silberscheibe mitsamt ihrem Begleitheft darf man als reife Leistung betrachten, auf die "Mitten in Borbeck" stolz sein kann.
Borbecker Nachrichten vom 16. August 2007:
Pflege der Mundart notwendig und sinnvoll
Leserbrief zu "Borbecksch Platt" Borbecker Nachrichten vom 09.08.2007
"Aus meiner Grundschulzeit in Frintrop (1970 - 1974) ist mit Hermann Hagedorn gut in Erinnerung. Ich erinnere mich, dass damals die so genannten "alteingesessenen" Frintroper untereinander Platt sprachen. In unserer Gegend ist diese Mundart ja fast völlig verschwunden. So ist es gut, dass es Bemühungen gibt, die heimatlichen sprachlichen Besonderheiten zu pflegen.
Aus der Bibliothek des 2006 verstorbenen Heimatforschers Hugo Rieth übernahm ich mehrere frühe Jahrbücher der Stadt Essen, worin einige in Mundart geschriebene Texte zu finden sind, wie auch "Dat Dubbelte-Dutzend-Bauk" aus dem Jahr 1959, welches von den Borbecker Nachrichten verlegt worden ist.
Im Einband dieses Buches ist eine Hülle, welche offenbar eine Schallfolie beinhalten sollte. In der mir vorliegenden Veröffentlichung ist sie nicht vorhanden. Meines Erachtens müsste es aber originale Tondokumente in der alten Mundart gegeben haben. Es wäre ebenfalls sinnvoll, alle verfügbaren Texte von Hermann Hagedorn in einem Buch zusammenzufassen und so der Nachwelt zu erhalten.
Das Borbecksch Platt, so wie es Hermann Hagedorn zu sprechen pflegte, bezeichnet man auch als Stift-Essener-Mundart.
Einflüsse vom rheinischen wie auch dem westfälischen Platt kamen hier zum Tragen. Von einer einheitlichen Mundart in den verschiedenen Stadtbezirken Essens kann daher nicht die Rede sein. So waren die Mundarten in den südlichen Essener Stadtteilen von der niederfränkischen Sprache beeinflusst.
Frank Radzicki
Borbecker Nachrichten vom 09. August 2007:
Viele Lektionen Borbecksch Platt gebüffelt.
CD kommt jetzt heraus / Plattdeusch-Abend am Montag
Heimatdichter Hermann Hagedorn wäre stolz auf die jungen Leute. Auf "Borbecksch Platt" hat Hagedorn kurz nach dem Krieg viele Gedichte verfasst, Geschichten geschrieben, Märchen erzählt. Und Hagedorns Märchenbuch war auch der erste Kontakt von Markus Blensekemper mit dem Plattdeutschen.
"Das Buch fand ich im Nachlass meines Vaters", erzählt der junge Lehrer und irgendwann hat er darin geblättert. "Es ist faszinierend, dass eine Sprache, die heute kaum noch einer kennt oder gar spricht, vor 60, 70 Jahren noch so lebendig war", sagt der Historiker. Sein Interesse an "Schweinickel" und weiteren Geschichten war erwacht. Mit seinem Eifer steckte er andere an: Die Gruppe "Mitten in Borbeck", hervorgegangen aus einem Messdienerkreis in St. Dionysius, wollte mehr wissen, wollte Platt lernen, es konservieren.
Die Mitglieder der Gruppe nahmen Kontakt mit Walter Wimmer auf, der in seiner Zeit als Herausgeber der Borbecker Nachrichten, dem Erhalt der plattdeutschen Sprache immer Raum in seiner Zeitung gegeben hat. Wimmer machte die jungen Leute mit den "Muttersprachlern" Hilde Martens und Johannes Saxe aus Frintrop bekannt, die als Kinder noch Platt gehört und gesprochen haben. Die Senioren waren sehr erfreut und stellten sich gerne als Lehrer zur Verfügung. "Gemeinsam haben wir uns immer wieder getroffen, Geschichten und Gedichte der beiden zugehört und diese übersetzt, um uns dann selbst am Platt zu versuchen", sagt auch Christian Hoffmann von Mitten in Borbeck. Es waren viele Lektionen, die sie büffeln mussten.
Vor zwei Jahren hat die Gruppe dann in der alten Cuesterey 70 Gäste mit Borbecksch Platt unterhalten. Nun wollen die Ex-Messdiener die alte Sprache wenigstens als Konserve erhalten. Gemeinsam ging man ins Tonstudio, nahm dort Texte auf und herauskam eine CD mit Geschichten und Gedichten "op Platt" aus dem Alltag der "ollen Borbecker". "Heeme! Wat häw ick di leiw!" ist die Scheibe überschrieben nach einer Textzeile von Hermann Hagedorn. Zur CD gibt es auch ein kleines Buch mit den Texten - auf Platt und ins Hochdeutsche übertragen. Dazu weitere Informationen zur Geschichte und Sprache und den drei Autoren Hermann Hagedorn, Willi Schlüter und Elisabeth Holte.
Am Montag, 13. August 2007, um 19:00 Uhr lädt "Mitten in Borbeck" wiederum ein in die Alte Cuesterey zum Abend "op Borbecksch Platt". Es gibt Kostproben aus der CD zu hören, die an diesem Abend erstmalig zu kaufen sein wird (12 EUR für CD plus Heft mit Zeichnungen von Benedikt Heinemann).
Am 19. August 2007 werden die frischen Platt-Konserven dann auf den Pfarrfesten von St. Dionysius und St. Josef angeboten.
Angekündigt auf Seite 1 in der Rubrik "In dieser Ausgabe":
Platt(e): Die CD mit Texten auf "Borbecksch Platt" kommt jetzt heraus
Borbecker Kurier vom 08. August 2007 - Rubrik "Kurz und knapp":
Borbecksch Platt jetzt auf CD
Die Gruppe "Mitten in Borbeck", die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Mundart "Borbecksch Platt" für die Nachwelt zu erhalten, bringt im August eine CD zu diesem Zweck heraus: "Borbecksch Platt - Heeme! Wat häw ick di leiw!" ist der Titel des Tonträgers, den Hilde Martens, Johannes Saxe, Walter Wimmer sowie weitere Mitglieder der Gruppe "Mitten in Borbeck" besprochen haben. Der CD beigefügt ist ein Textbuch mit weiteren Informationen zur Geschichte und Sprache des Platts. Die CD wird am 13. August 2007 offiziell vorgestellt, bevor man auf den Pfarrfesten der Gemeinden St. Dionysius und St. Josef am Sonntag, 19. August 2007, erstehen kann. Der Erlös aus dem verkauf soll einem heimatverbundenen Projekt zukommen.
Ruhrwort vom 04.August 2007:
Flaschenpost für die Nachwelt
Essen: Gruppe in St. Dionysius lässt das "Borbecksch Platt" wiederaufleben
"Hie'e es min Riek, sowiet ick kiek!" So beginnt ein Gedicht des Heimatdichters Hermann Hagedorn. Für den, der die Borbecker Mundart nicht verstanden hat: "Hier ist mein Reich, so weit ich schaue!" Das dachte sich nicht nur der 1951 verstorbene Poet, sondern auch eine kleine Gruppe junger Gemeindemitglieder aus St. Dionysius in Essen-Borbeck.
Denn lokalpatriotisch wie einst Hermann Hagedorn will sie das fast ausgestorbene "Borbecksch Platt", in dem der Dichter schrieb, wieder aufleben lassen. Bis in die 50er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts war der niederdeutsche Dialekt in Borbeck noch zu hören. Zumindest vereinzelt, denn die meisten Eltern der Gruppenmitglieder aus St. Dionysius beherrschten das Plattdeutsche bereits nicht mehr. Von den Nationalsozialisten, die das Hochdeutsche bevorzugten, sei es vermutlich verdrängt worden.
Auf einer CD stellt die Gruppe Texte und Gedichte Borbecker Größen wie Hermann Hagedorn, Elisabeth Holte und Willi Schlüter vor, zu denen sie auch die Übersetzungen liefert. Denn mitunter seien nur etwa 40 bis 50 Prozent beim ersten Hören zu verstehen. "Die CD soll eine Art Flaschenpost für die nächste Generation sein", erklärt Markus Blensekemper aus St. Dionysius. Es sei schon erschreckend, wie "sang- und klanglos" eine Sprache aus dem Alltag verschwinden könne.
Die "Hobby-Sprachforscher" gehören allesamt der Gruppe Mitten-in-Borbeck an. Sie besteht aus rund 20 Mitgliedern um die 30 Jahre, die der Jugendarbeit in St. Dionysius entwachsen sind. Einmal im Monat treffen sie sich und unterstützen besondere Aktionen wie beispielsweise das Pfarrfest.
Vor drei Jahren stießen sie zufälligerweise auf das "Borbecksch Platt" - und das Interesse war geweckt. Vor allem eine Frage ließ sie nicht mehr los: "Würden wir in der Lage sein, auch heute noch richtig Plattdeutsch zu sprechen?" erinnert sich Gruppenmitglied Christian Hoffmann. Die Antwort lautet: Nein, es ist nicht möglich, auch wenn sie das Platt mittlerweile gut verstehen und vorlesen können. Es fehle die Sprachpraxis. Auch eine Grammatik oder Lautschrift gebe es nicht. Das Platt sei eine reine Sprechsprache.
Auf die Sprünge halfen ihnen die vermutlich letzten "Ursprachler" Walter Wimmer, ehemaliger Verleger der Borbecker Nachrichten, sowie Hilde Martens und Johannes Saxe. Sie übten Platt-Texte mit ihnen, konnten beim Lesen sofort korrigieren und sind. Wie die Neusprachler auf der CD zu hören. "Es hat Spaß gemacht, mit ihnen zu arbeiten und darüber hinaus ‚Dönekes' über alte Zeiten in Borbeck zu hören", sagt Markus Blensekemper. Somit sei auch die CD nicht nur ein sprachliches, sondern auch ein geschichtliches Erbe.
Nach einem Leseabend in der Alten Cuesterey würden sie gerne auch einen Gottesdienst in Platt feiern. "Leider fällt uns aber keiner ein, der die Liturgie sprechen könnte", bedauern Markus Blensekemper und Christian Hoffmann. Doch was ihnen vorerst wichtig ist: Mit der CD veröffentlichen sie jetzt ein bleibendes Dokument ihrer Heimatverbundenheit. Und so trägt sie auch den passenden Titel, der zugleich die letzte Zeile des eingangs zitierten Gedichts ist: "Heeme! Wat häw ick di leiw! - Heimat was hab' ich dich lieb!"
Die CD "Borbecksch Platt - Heeme! Wat häw ick di leiw!" wird zum ersten Mal am 19. August auf den Pfarrfesten der Gemeinden St. Dionysius in Borbeck und St. Josef in Frintrop verkauft. Kosten: zwölf Euro.
Angekündigt auf Seite 1 unter der Rubrik "Aus dem Bistum":
Plattdeutsch ist nicht einfach, macht aber Spaß - Junge Borbecker brachten CD heraus.
WAZ vom Dienstag, 21.08.2007 - Stadtteilzeitung Borbeck:
Platt ist Pionierarbeit
Mitglieder der Gruppe "Mitten-in-Borbeck" befassten sich drei Jahre lang mit der Geschichte des Borbecker Platt. Die lange Tradition und Einzigartigkeit der Mundart wollen sie für spätere Generationen bewahren
Borbecker Nachrichten vom 02. August 2007:
Borbecksch Platt bald auf CD
Zwölf Borbecker um die 30 Jahre versuchen, eine Sprache vor dem vergessen zu bewahren: die der alten Borbecker, das "Borbecksch Platt". Die Gruppe "Mitten in Borbeck" veröffentlicht eine CD mit Geschichten und Gedichten unter dem Namen "Borbecksch Platt - "Heeme! Wat häw ick di leiw!" Gesprochen haben Hilde Martens, Johannes Saxe, Walter Wimmer und Mitglieder der Gruppe. Die CD ist bei den Pfarrfesten von St. Dionysius und St. Josef am Sonntag, 19. August 2007 zu kaufen.
WAZ vom Dienstag, 31. Juli 2007 - Stadtteilzeitung Borbeck:
Viele sind platt: "Platt" ist noch nicht platt
Dutzend erhält fast vergessene Sprache
Borbeck - Zwölf Personen um die 30 Lebenslenze versuchen, eine fast ausgestorbene Sprache vor dem Vergessen zu retten. Für sie ist "Platt" noch nicht platt. Sie nennen sich "Mitten in Borbeck", eine Gruppe der katholischen Gemeinde St. Dionysius.
"Vor rund drei Jahren sind wir auf diese Mundart aufmerksam geworden und haben uns innerhalb eines Projektes diesem Thema genähert. Über Walter Wimmer (Ex-Verleger der Borbecker Nachrichten), der sich diesem Thema verschrieben hatte, lernten wir die "Ursprachler" Hilde Martens und Johannes Saxe kennen", erläutern die "Platt"-Neulinge.
Sie trafen sich, hörten Geschichten und gedichte der beiden und übersetzten diese, um sich dann selber an der Plattsprache zu versuchen. Da die alte Sprache nur wenige Menschen sprechen, kaum Ton- und Textdokumente erhalten sind, war ein richtiges Erlernen des "Borbecksch Platt" nahezu unmöglich. Die Gruppe "Mitten in Borbeck" veröffentlicht darum eine CD mit Geschichten und Gedichten aus Alltags- und Kirchenleben der alten Borbecker mit dem Titel "Borbecksch Platt - Heeme, wat häw ick die leiw!".
Borbecker Nachrichten vom 10.Februar 2005:
Gedichte von Hagedorn sind wieder gefragt
"Mitten in Borbeck" freundlicher Gastgeber
Zu einem Besuch ihres wohlbestellten "Blaumengaren" hatte der Freundeskreis "Mitten in Borbeck" am Samstag in die Alte Cuesterey eingeladen.
Außer Gedichten opp Borbecksch Platt von Hermann Hagedorn , die von Mitgliedern des Freundeskreises "Mitten in Borbeck" in ansprechender Weise vorgetragen wurden, gab es Kaffee und Kuchen und die Möglichkeit, einen Blick in die mobile Sprachwerkstatt der Gruppe zu tun, in der die niederdeutsche Mundart der alten Borbecker auf neuen Glanz gebracht wird.
Mit den Besuchern freuten sich auch Jürgen Becker und Andreas Koerner vom Kultur-historischen Verein, der gerade 20 Jahre alt geworden ist, über das beherzte Engagement der jungen Leute und ihren Versuch, ein Stück ursprünglicher Borbecker Identität zu erhalten. Sehr zufrieden mit den Fortschritten ihrer Schüler war auch das Berater-Trio Hildegard Martens, Johannes Saxe und Walter Wimmer.
Zum Schluss gab es für jeden Gast ein Bläumken zum Mitnehmen, u. a. gefüllte Monte-Carlo-Tulpen, deren leuchtendes Gelb dem Farbton der Reuenberger Botterblaumen sehr nahe kommt. Auf die in der freien Natur gewachsenen Butterblumen wird man freilich noch einige Zeit warten müssen. Aber auch hier wusste "Mitten-in-Borbeck" Rat: Zum Mitnehmen waren Nachdrucke der Hagedornschen Gedichtssammlung "Botterblaumen" ausgelegt, die man auch bei künftigen Veranstaltungen von "Mitten in Borbeck" gegen einen freiwilligen Unkostenbeitrag erstehen kann.
WAZ-Sonderbeilage Borbeck vom 10. November 2004:
Aus "Spaß anne Sprooke": Borbecker pflegen ihre alte Heimatsprache
Jung und alt trifft sich regelmäßig und übt Platt - Gedichte lesen bei "Kerzgenschein"
Früher hörte man es überall: Da hieß es "Huus" statt Haus, alt war einfach "oll" und man hat nicht geträumt, sondern "gedrömp". Heute klingt das fast fremd. Doch einige junge Leute und zwei ältere stemmen sich gegen das Vergessen - und üben die Borbecker Heimatsprache. Damit Platt nicht bald wirklich platt ist.
Beide, Hilde Martens und Johannes Saxe, werden 85 Jahre alt. Sie kennen sich seit der Grundschule. Das war zu der Zeit, als "Groß-Borbeck" gerade erst nach essen eingemeindet wurde. Auch heute "snaken" die guten Freunde noch so, als hätten sie die Schulbank kürzlich erst verlassen.
Dabei war es gar nicht so einfach, überhaupt zur Schule oder in die Dionysiuskirche zu gelangen. Die Schule war weit weg - und die Kirche erst mal! "Die war damals die einzige Kirche weit und breit", erzählt Herr Saxe. "Selbst aus Frintrop mussten auch wir Kinder regelmäßig zu Fuß dorthin laufen. Es gab ja kaum Autos". "Und vor denen fürchteten wir uns lange sogar", sagt Hilde Martens lachend. Mutter hatte nämlich immer behauptet, da säßen böse Leute drin, die Kinder wegschnappen würden. Da wurde natürlich gleich der passende Spitzname erfunden: "Schnappautos".
Wenn man dann aber ind er Kirche war, öffnete sich auch sprachlich eine andere Welt. "Gepredigt wurde hochdeutsch, während daheim nur platt gesprochen wurde", erinnert sich Johannes Saxe, dessen Mutter kein einziges Wort hochdeutsch konnte. Die Industrialisierung machte Hilde Martens für den Niedergang der alten Heimatsprache verantwortlich. Schließlich seien in den 20er Jahren zehntausende Arbeitskräfte, vor allem Ausländer, gekommen, und die hätten die Deutsche Sprache organisiert gelernt. "Deshalb", so Saxe, "durften wir auch bald in der Schule kein Platt mehr sprechen." Und bald galten diejenigen, die Platt sprachen, als dumm.
Dabei ist Platt zu lernen, eine ganz schön schwierige Aufgabe. Die 24-jährige Anja Heckelei stellt sich ihr trotzdem. Sie gehört zu einer Gruppe junger Leute um den einstigen Messdiener der Dionysiuskirche, Markus Blensekemper, und widmet sich der Pflege der Heimatsprache. "Einfach nur cool", fanden die die Art wie Groß- und Urgroßeltern sprachen.
Aus der Neugier wurde schließlich Leidenschaft. Und in vielen Sitzungen reifte bei den jungen Leuten die Erkenntnis: "Die müssen doch einen Knoten in der Zunge haben." Und Anett Blensekemper, "war froh, doch einiges verstanden zu haben". Christian Wedemeyer fand dagegen, dass sich Platt "niedlich anhört". Und so beschlossen sie, die Borbecker Heimatsprache zu pflegen.
Jetzt zünden sie fleißig "Kerzges" statt Kerzen an, wenn sie in kleiner Runde Gedichte und Lieder auf platt üben. Und wenn es mal Pizza gibt, dann hat man "sei Wamp getrat voll."
Spaß soll es machen - das wünschen sich auch Hilde Martens und Johannes Saxe. "Wi hadden dän Spaß ja ock", sagt sie. Und er fügt schelmisch hinzu: " Nich mä anne Sprooke" - nicht nur an der Sprache.
Fotos: A.Stölker
Stand 02.September 2007